Liberalismus: Spaltung der Liberalen in der Bismarckzeit

Liberalismus: Spaltung der Liberalen in der Bismarckzeit
Liberalismus: Spaltung der Liberalen in der Bismarckzeit
 
Der Ausgang des Deutschen Krieges und die Ergebnisse des Friedensschlusses führten in der öffentlichen Meinung zu einer Wandlung des Urteils über die bismarcksche Politik. Es war unzweifelhaft, dass durch die Kriege von 1864 und 1866 die deutsche Frage ein gutes Stück vorangekommen und Bismarck im Begriff war, die deutsche Einheit, den 1848 vergeblich erträumten Zusammenschluss, zustande zu bringen. Aus dem verhassten, reaktionären »Konfliktminister« war auch für viele führende Liberale ein Staatsmann von besonderem Format geworden, dessen Politik außerordentlich erfolgreich war. Es war zwar offensichtlich, dass Bismarck die Verwirklichung des deutschen Nationalstaates »von oben« durch den Zusammenschluss der Fürsten anstrebte, doch die Einbeziehung einer aus freien Wahlen hervorgegangenen Volksvertretung in die Verfassung des Norddeutschen Bundes war für die liberale Bewegung ein breites Betätigungsfeld für die Mitarbeit am Staat, das genutzt werden musste. Zudem gab der preußische Ministerpräsident mit der Einbringung der Indemnitätsvorlage (siehe auch Norddeutscher Bund) im preußischen Abgeordnetenhaus ein weiteres Zeichen dafür, dass er gewillt war, den inneren Frieden wiederherzustellen. Aus jenen Liberalen, die sich jetzt hinter Bismarck stellten, entstand im November 1866 eine »Neue Fraktion der nationalen Partei«. Aus ihr ging im März 1867 die Nationalliberale Partei des konstituierenden Norddeutschen Reichstages hervor. In sie traten auch Männer und Gruppen aus den von Preußen annektierten Gebieten (v. a. Hannover) ein.
 
Im Reichstag des Norddeutschen Bundes wurde die Nationalliberale Partei vor allem die Partei, auf die sich Bismarck stützen konnte, sie wurde die »Reichsgründungspartei«. Während sie ihre soziale Basis im Wesentlichen im aufstrebenden Bürgertum hatte (Industrie, Bankiers, protestantisches Bildungsbürgertum), rekrutierte sich die in der Opposition verbleibende Deutsche Fortschrittspartei aus Teilen des Mittelstandes und des Kleinbürgertums.
 
Eine Spaltung vollzog sich auch bei den Konservativen. Während die Altkonservativen zwar die außenpolitischen Erfolge und militärischen Siege begrüßten, aber jede Form von Parlamentarisierung ablehnten, löste sich von ihnen anlässlich der Indemnitätsvorlage eine Gruppe gemäßigt konservativer Abgeordneter, die sich zur Freikonservativen Partei (ab 1871 unter dem Namen Deutsche Reichspartei) zusammenschlossen.

Universal-Lexikon. 2012.

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